Energieüberschuss - und nun?
Es gibt kein zuviel an Energie. Energieerzeugung kann man drosseln oder die Energie anderweitig nutzen.
Off-Grid und hybride PV-Anlagen, welche im Hinblick auf einen sinnvollen Ertrag in der Winterzeit entworfen wurden, weisen in der Regel vom Frühjahr bis Herbst einen deutlichen Energieüberschuss auf. Ist das schlecht? Kann das schaden?
Die (zu) einfache Antwort lautet: Ja, zuviel Energie kann schaden. Zuviel Energie könnte Batterien überladen und sie so beschädigen. Zuviel Energie im Stromnetz kann zu Überspannung und hohen Frequenzen führen. Man benötigt daher Maßnahmen um auch ein Übermaß an Energie in Zaum zu halten.
Drosselung
Das geht sehr einfach, indem man die Leistung drosselt. Natürlich können alle von uns verwendeten Inverter uns Solar-Laderegler ihre Leistung drosseln, wenn das Energieangebot den Bedarf übersteigt (Batterien voll, Verbrauch im Haus niedriger als Erzeugung). Die Frage ist nur - will man die Energie durch Drosselung "liegen lassen"?
Hier sind zwei Sachen anzumerken:
Erstens, denken Sie bitte an die Zeit, als Ihr Dach/Zaun/Fassade noch frei von PV Modulen war. Die Energie, die Sie haben "liegen lassen" war in etwa 200 kWh pro Jahr pro Quadratmeter. Wenn Sie also durch Drosselung - sagen wir - 50 kWh pro Jahr pro Quadratmeter verlieren, ist das immer noch ein Fortschritt.
Zweitens, die Kosten für eine selbst erzeugte kWh Solarstrom im Direktverbrauch (PV -> Inverter -> Verbrauch, also ohne Umweg über Batterie) sind ca. 8ct. Die aktuelle Einspeisevergütung in Deutschland beträgt 8,20 Cent / kWh (Stand: Dezember 2022). Selbst wenn Sie also einspeisen würden, wäre der "Gewinn" irrelevant. Im Gegenteil, durch Drosselung der Anlage steigt auch die Lebensdauer der Komponenten - insbesondere der Inverter/Ladegeräte. Dem gegenüber steht ein entgangener "Gewinn" von 10ct pro m² und Jahr. Bei einer stattlichen PV Fläche von 100m² also 10€/Jahr. Wer's braucht...
Die oft von Kunden vorgetragene Sorge, PV Module in der prallen Sonne könnten ohne Energieabgabe Schaden nehmen, ist absolut unbegründet.
"Premium"-Leistung
Im Vergleich zu früheren Generationen sind wir heute von sehr vielen elektrischen Verbrauchern umgeben. Wo früher die Waschmaschine und der Kühlschrank Norm waren, ist es heute auch der Wäschetrockner, das Gefrierfach und die Spülmaschine.
Solche Geräte entlasten uns einerseits (schicken Sie mal jemanden aus Ihrer Familie wöchentlich zum Bach um Wäsche zu waschen), andererseits spüren wir auch eine gewisse Abhängigkeit. Und dann ist da auch eine Frage der Betriebs- insbesondere der Energiekosten. Der Energiebedarf eines Wäschetrockners ist trotz effizienter Wärmepumpe nicht ohne - man könnte die Wäsche schliesslich auch in der Sonne aufhängen.
Nur funktioniert ein Wäschetrockner eben auch wenn es regnet - eine Frage des Komforts. Natürlich kann man auch Geschirr mit der Hand waschen und selbst wenn wir Fragen wie z.B. Effizienz der Wassernutzung außen vor lassen - man kann seine Zeit vielleicht besser nutzen als Geschirr zu waschen und zu trocknen.
Ist das Ende der Fahnenstange damit erreicht? Für unsere Großeltern mag sich der Sinn von aufkommenden Trocknern, Spülmaschinen, Mikrowellen etc. nicht erschlossen haben aber für einen Großteil von uns gehören solche Geräte mittlerweile zum Standard.
Wie ist ihr Standard? Ist ein AirDresser, ein Dampfreiniger, eine Klimaanlage, eine KWL oder eine Wasseraufbereitung sinnlos? Wie schaut es mit einem Liofilizator aus? Ach - Sie wissen nicht was das ist? ;-) Diese Ausführungen sollen dazu dienen, dass Sie sich vergegenwärtigen welchen Unterschied in Ihrem Leben (Komfort und Möglichkeiten) es machen kann auf einem Energieüberschuss zu sitzen.
Diesen gedanklichen Sprung zu machen ist für viele nicht einfach. Schließlich war man es ja bislang - ohne eigenes Kraftwerk - gewöhnt, Energie als teures und rares Gut zu betrachten mit welchem sparsam umgegangen werden sollte.
Eine Klimaanlage weist häufig einen hohen Energiebedarf auf - gerade im Sommer. Angenommen Sie sitzen nun in einem Home-Office bei 30°C, wäre da eine Kühlung quasi zum energetischen Nulltarif nicht willkommen? Vielleicht ist Ihre Produktivität und Ihr persönliches Wohlbefinden bei 25°C doch höher.
Wäre es nicht toll ihren Stromüberschuss auch in der Batterie eines Elektroautos "versenken" zu können? Sie hätten Mobilität quasi zum Nulltarif.
Sie könnten ihren Stromüberschuss auch einfach im Warmwasserboiler "versenken". Wenn die Alternative eine Gastherme wäre ist das definitiv die bessere Wahl, ansonsten können Sie natürlich hierfür Ihre WP betreiben.
Und was ist mit Kryptowährungen? Furchtbare Stromfresser - nicht wahr? Nunja - nicht alle und aus rein finanzieller Sicht ist das auch eine Art Batterie: Sie könnten im Sommer Kryptos minen und im Winter verkaufen. ;-)
Das sind alles nur Beispiele und Ihre individuelle Situation kann sich unterscheiden. Wichtig ist sich bewusst zu machen, dass sich einige Dinge im Leben kategorisch ändern können, wenn man überschüssige Energie quasi zum Nulltarif hat. Der größte Fehler den man machen kann ist die aktuelle Situation (wo man noch z.B. am Tropf des EVU hängt) einfach nur zu extrapolieren.